Blint – nicht nur straighter Techno
Felix Nisblé aka Blint legt seit über zehn Jahren auf, produziert gar noch etwas länger, ist für eine langjährige Technoveranstaltung verantwortlich und hat an der Berliner Humboldt-Universität Musikwissenschaft studiert. Jetzt veröffentlicht er als Student am Bochumer „Folkwang Institut für Populäre Musik“ seine erste und bemerkenswerte Platte.
Dabei hätte er den Weg hinter die Technics beinahe gar nicht eingeschlagen. „Ich hab damals schon ein bisschen produziert, bevor ich angefangen habe, aufzulegen. Ich dachte immer, ich kann das nicht. Freunde von mir haben immer Drum’n’Bass und HipHop aufgelegt, was ich total cool fand, aber ich dachte, das sei nichts für mich. Aber irgendwann hab ich die ersten Platten gekauft, bei einem Freund aus der Plattensammlung. Der hatte welche doppelt. Und dann gab’s irgendwann die Gelegenheit, Plattenspieler zu kaufen und so hat sich das nach und nach ergeben.“ Sein Sound war damals ziemlich harter Techno, bevor er Mitte der Nuller den Minimal Techno für sich entdeckte. Wobei der bekennende Minus-Fan schon damals immer wieder Platten aus der Motor City Detroit in seiner Kiste hatte, nicht wissend „welche Rolle so Leute wie z.B. Kenny Larkin in diesem Kontext spielen.“ Er habe einfach gemerkt, dass er deren Umgang mit Chords und Drum Machine Sounds mochte.
2007 gehörte der junge Blint dann neben zwei weiteren DJs und zwei Designern zu den Gründern der Partyreihe „°Schaltkreis“ in Münster. Deren Konzept aus grafischer Strenge – schwarz-weisse Deko und Flyer – und inspiriertem Booking ließ die Party jahrelang erfolgreich laufen und unseren Mann einmal monatlich von Berlin nach Münster zurückkehren.
Wir haben halt vielleicht alle zwei, drei Monate Headliner gebucht, und dazwischen immer regionale Leute. Wir haben immer geguckt, wer passt musikalisch in das Konzept und ist mit uns auf einer Wellenlänge. Da haben sich dann über die Jahre ein paar Leute rauskristallisiert, wo wir gemerkt haben, bei denen ist es immer geil, die rocken nicht nur das Haus, sondern sind auch noch coole Typen – und da sind dann auch Freundschaften entstanden,“ erzählt er. „Häufig ist es ja so, dass Leute sich gegenseitig buchen, weil sie Parties haben, dann heisst es ’spielst du bei mir, spiel ich bei dir‘. So Anfragen kriegt man auch regelmässig und sowas hasse ich halt. Ich lasse niemanden bei meiner Party spielen, nur weil ich weiss, er hat einen Club. Ich buche jemanden, weil ich seine Musik gut finde und weil sie bei uns gut reinpasst. Das muss auf der menschlichen und der musikalischen Ebene gut passen.“
Und auf der darf ruhig mehrgleisig gefahren werden. Wer ihn schon mal auflegen gehört hat, der weiss, dass straighte Tool-Technosets nicht sein Ding sind. „Ich spiel schon dancefloororientiert, aber ich bin sehr offen, was Einflüsse angeht. Und gerade in letzter Zeit finde ich gebrochene Sachen extrem spannend. Alte Electroscheiben, oder auch neue, da kommt viel spannendes raus. Das kommt daher, dass ich extrem viel verschiedene Musik höre. Und das will ich auch so’n bisschen widerspiegeln. Ich hab früher viel straighten Techno gespielt, vor allem wenn man Peak Time spielt, und das macht auch manchmal noch Spass, aber ich hab gemerkt, dass Platten die vielleicht ein bißchen schräg sind, mir viel mehr bringen.“
Blint 001, seine allererste Veröffentlichung, ist als Teil eines Semesterprojekts am Institut für Populäre Musik (Insider dürfen IFPOM sagen) entstanden. Man mag sich ja schon mal fragen, wie der Studienalltag dort eigentlich aussieht, wie die Interaktion mit dem teils weltbekannten Lehrpersonal denn so aussieht, wie weit ein Hans Nieswandt als künstlerischer Leiter etwa in die Produktionsprozesse der einzelnen Studierenden involviert ist. Wie darf man sich das vorstellen, Felix? „Ich schreibe ja eh die ganze Zeit Musik und produziere da im Studio, und wenn ich glaube, was mit Potenzial zu haben, oder es eine Stelle gibt, wo ich mir unsicher bin oder ich will eine zweite Meinung zum Sound haben, dann gehe ich damit zu Gregor (Schwellenbach) oder Hans (Nieswandt) oder auch zu anderen Dozenten. Wir setzen uns dann in das Studio und hören uns die Sachen an und dann gibt’s einen offenen Meinungsaustausch, was in deren Augen funktioniert oder nicht, wobei die Grenze der künstlerischen Freiheit da nie überschritten wird. Okay, wenn eine Kickdrum zu laut ist, ist sie objektiv zu laut, das kann man sagen. Wenn ich jetzt einen Break geil finde, und er sagt, der funktioniert für ihn nicht, dann bleibt der vielleicht trotzdem so. Unser Anspruch ist dann auch, die Sachen, die wir machen, auf ein richtig gutes Niveau zu bekommen. Darin werden wir halt unterstützt.“
Auf diese Weise sind dann vier Tracks entstanden, von denen zwei nun als wunderschöne 10″ mit beigelegtem Druck im Eigenverlag erschienen sind. Die A-Seite ist eine elektroide, motorcity-inspirierte Broken Beat-Nummer, die man im Blindtest durchaus, sagen wir mal, Juan Atkins zuschreiben könnte, während die Rückseite eher, wie er selbst sagt, zum Autofahren oder für das Zuhause-Hören gedacht ist. Auf jeden Fall lohnt es sich, sich zu sputen, wenn man von dem auf 150 Exemplare limitierten Teil eines noch ergattern möchte.