Energy Flash

Wie Grokenberger mit neuem Labelableger durch die Nacht streift

Das Essener Label Grokenberger steht für qualitativen Underground Techno und hat mit seinen fünf Vinyl-Veröffentlichungen für ein paar der markantesten Momente der vergangenen drei Jahren auf den hiesigen Tanzflächen gesorgt. Die Klänge des Labels klirren zwischen Detroit, Ambient, Industrial, Rave, Techno, Deepness und cleverer Abfahrt. Einige Nummern wurden regelrechte Zugnummern und schafften es auf die vorderen Plätze der Jahrescharts auf At The Controls. Nun kommt Grokenberger auch auf dem digitalen Wege daher. Digital ist besser? At The Controls hat nachgefragt.

Mike Rui, der als DJ und Produzent seit über zwanzig Jahren für Bewegung auf und hinter den Ruhrpotttanzflächen sorgt, betreibt das Label und versichert: „Grokenberger wird dem Vinyl treu bleiben. Finanziell und vom Aufwand mit den Vertriebswegen her ist es jedoch schwer, den vielen guten Demozusendungen und Anfragen der guten Produzenten da draußen gerecht zu werden, wenn man nur ein, zwei Platten im Jahr herausbringen kann.“ Zudem möchte Rui über den digitalen Weg auch eher experimentellen Klängen, Remixen und der künstlerischen Energie heimischer Akteure eine Plattform bieten, die er sonst aus wirtschaftlichen Gründen ablehnen müsste.

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In welche Richtung es geht, zeigen die beiden ersten Neuveröffentlichungen auf Grokenberger Digital. Auch wenn der Titel der neugebackenen Releases auf urbanen Verfall referieren, so ist der Sound der beiden Techno-Slammer entfernt vom trendig dystopischen Berghainmaß. „Decaying Vol. 1“ kommt ab dem 10. April 2017 mit zwei Titeln des geheimnisvollen Jay Retros daher. Wie das Synonym eines unerkannt bleiben wollenden Technoproduzenten nahelegt, geht es hier um Old School, Ruffness, Warehouse, Detroit und Rave. „The Human Being“ kommt mit mächtigen Claps, einer String-Sektion, wie sie von LFO sein könnte, und einem überraschenden Break in der Mitte des Tracks daher. „The Last Bus“ rumpelt mit einer sexy und glücksschwangeren Bassline über den Tanzflur, benutzt eine Rave-Pfeife für den Mindfuck-Faktor und eine düstere Atmosphere, wie man sie in einer solchen Art selten im Genre findet.

„Decaying Vol. 2“ erscheint am 24. April 2017 mit zwei Künstlern des Dortmunder Tape-Labels TUMA Kassetten. Smu, der jahrelang als MC Drum and Bass-Partys mit seinen Lyrics befeuerte und auf dem Dortmunder Radiosender eldoradio* eine Show mit urbaner Musik macht, präsentiert mit „Calibration“ futuristische Vibes. Ein Electro-Bassstepper, der zwar schon Techno ist, aber auch mit seinem ultra mächtigen Bass und breakbeatigem Gerüst direkt in die Magengrube schlägt und smart zwischen den Genres chargiert. Düster ist auch hier das Wort, angesiedelt irgendwo zwischen Space Is The Place, Albert Kahn Ruinen-Porn und einem Dienstagabend in Essen-Altendorf. Für den Track „Bells“ zeichnet sich der Klangtüftler, einstige Radiomoderator und Freund rarer musikalischer Musikinstrumente namens Oud verantwortlich, der das zweite Grokenberger Digital-Release komplettiert. Ferne, düstere Glockenklänge leiten über zu einem apokalyptischen Analog-Slasher, der Electro, Throbbing Gristle, Alec Empire und Drexciya in den Prozessoren flirren lässt und die ewige Geschichte von Maschinen mit ihren resonierenden Menschen im Dark Kingdom-Modus für den großen Floor experimentell erzählt.

OUD

Dabei müssen zukünftige Veröffentlichungen nicht regional gebunden sein. Vielmehr scheint es bei Grokenberger um einen gemeinsamen Vibe zu gehen, wie er in Jim Jarmuschs Episodenfilm „Night On Earth“, auf den der Labelname referiert, durch die nächtlichen Fahrten durch das urbane Leben mit seinen Geschichten und Emotionen gleitet. Alle Vinyl- und Digitalveröffentlichungen des Grokenberger-Labels sind ab sofort im Eigenvertrieb via Bandcamp zu haben. Der zweite Teil der „Decaying“-Reihe erscheint am 24. April.

Grokenberger-Veröffentlichungen:

https://grokenberger.bandcamp.com

Grokenberger auf Facebook:

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Grokenberger auf Soundcloud:

https://soundcloud.com/grokenberger